15.05.2025
Kein Höhenlimit für hessische Hecken.
BGH verkündet Urteil in Nachbarschaftsstreit.
Ein Nachbarschaftsstreit in Hessen erregte deutschlandweit Aufsehen: Eine Frau hat ihre Bambushecke über sechs Meter hoch wachsen lassen. Ihr Nachbar klagte dagegen. Der Streit ging durch alle Instanzen, bis das Urteil des Bundesgerichtshofs am 28. März schließlich Klarheit brachte (V ZR 185/23). Und doch steht eine endgültige Entscheidung immer noch aus.
Bereits im Jahr 57 vor Christus beschwerte sich Cäsar bei seinem berüchtigten Feldzug durch Gallien über die, bezeichnenderweise vom Volksstamm der Nervier, angelegten Hecken. Diese seien wie Mauern, durch die man nicht durchkommen, ja, nicht einmal hindurchschauen könne, klagte der römische Feldherr in „De bello Gallico“.
Eine ähnlich erdrückende Wirkung bescheinigte der Kläger in Hessen dem Grenzschutz aus Bambus, der noch dazu auf einer Aufschüttung zwischen den Grundstücken gepflanzt war. Hatten die Nervier ihren Zweck erreicht, das feindliche Heer aufzuhalten, so sorgte die monströse Hecke in Hessen dafür, dass der genervte Nachbar zwar nicht in den Kampf, aber vor Gericht zog und den Rückschnitt der 2018 gepflanzten Hecke auf maximal drei Meter forderte. Verständlich, sollte man meinen, wenn man bedenkt, dass eine fast sieben Meter hohe Grünwand einen langen Schatten wirft und die Aussicht komplett versperrt.
Ist das noch eine Hecke?
Vor Gericht orientierte man sich jedoch weniger am gesunden Menschenverstand, sondern erging sich in juristischen und botanischen Spitzfindigkeiten, die in der Frage mündeten, was denn eine Hecke überhaupt ausmache und ob Bambus, juristisch betrachtet, überhaupt eine Hecke sei.
Ja, Bambus kann eine Hecke sein, beschied der BGH, auch wenn er nicht den Gehölzen, sondern der Familie der Süßgräser zuzuordnen ist. „Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Hecken eher funktionell durch die von ihnen erzielte Abgrenzungs- und Schutzfunktion definiert, ohne diese Funktionen zugleich mit einer Höhenbegrenzung in Verbindung zu bringen“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Der BGH bezieht sich auf das hessische Landesnachbarrecht, das bei einer Hecke von über zwei Metern Höhe lediglich einen Mindestabstand von 0,75 Metern zum Grundstück des Nachbarn vorschreibt. Eine verbindliche Obergrenze für die Höhe der Hecke ist jedoch im hessischen Nachbarschaftsgesetz – anders als in den Gesetzestexten anderer Bundesländer – nicht benannt. Und so wurde die klare Grenze, die ja eigentlich Streit verhindern soll, zum Dauer-Zankapfel.
Der „geschlossene Eindruck“ zählt.
Das Argument des Klägeranwalts, Kennzeichen einer Hecke sei regelmäßige Pflege und kein Wildwuchs, überzeugte die Richter des BGH nicht. Auch sein Versuch einer semantischen Umdeutung war eher kontraproduktiv: Während die Gegenseite betonte, eine Hecke sei ein „lebendiges Element der Gartenbaukunst“, versuchte der Anwalt des Klägers, die Richterin davon zu überzeugen, dass eine Hecke ab einer bestimmten Höhe ihren rechtlichen Status als Hecke verlöre und als Baum zu betrachten sei – was den geforderten Mindestabstand vergrößern würde.
Jedoch: „Auf die genaue Art des Gehölzes und die genaue botanische Zuordnung“ komme es nicht an, verwies die Vorsitzende des 5. Zivilsenats Bettina Brückner. Entscheidend sei vielmehr, ob die Hecke einen „geschlossenen Eindruck“ mache und „eine Höhen- und Sichtbegrenzung vermittle“, was offenbar der Fall ist.
Ganz verloren hat der Kläger hinter der hessischen Bambushecke jedoch noch nicht. Der BGH wies den Fall zurück ans Oberlandesgericht Frankfurt – wegen eines Verfahrensfehlers. Offenbar fehlten verbindliche Kriterien für eine exakte Messung, sodass nach wie vor nicht klar ist, ob die Hecke tatsächlich den 75-Zentimeter-Abstand einhält. Steht sie näher an der Grenze, muss sie radikal gekürzt werden, dann sind nur noch zwei Meter Höhe erlaubt.
Quellen: bundesgerichtshof.de, tagesschau.de, zdf.de, sueddeutsche.de, mdr.de, rsw.beck.de, lto.de, t-online, wikipedia
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